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Kapitel 8: Die geheimen Anrufe

Leonardo seufzte langsam, als er die Pistole auf dem Bett griff. Und er blieb regungslos. „Geh jetzt raus“, sagte Leonardo, seine Stimme war tief und leise. „Ich will nicht, dass du Teil meines Todes wirst.“ „Geh.“

Angela konnte sich nicht bewegen; sie war so still wie ein Stein und konnte ihre Beine nicht heben, um den Raum zu verlassen. Ihr Herz pochte.

„Verdammt noch mal, geh raus.“ Er schrie.

„Warte!“ schrie sie.

„Ich gebe dir ein paar Momente, um zu fliehen.“

Angela war bereits auf dem Weg zur Tür, als sie sich an ihr Gespräch mit Frau Vera erinnerte. Angela, bitte hilf mir. Hilf mir, wieder eine Verbindung zum Leben meines Sohnes herzustellen. Er ist die einzige Quelle des Glücks in meinem Leben. Und wenn Leonardo stirbt, ist alles verloren. Angela holte tief Luft, als ob ihr Herz verdreht worden wäre. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Leonardo.

„Worauf wartest du, Angela?! Geh jetzt! Raus!“ Leonardo zog die Pistole und richtete sie auf seinen Kopf.

Angela sprang auf und riss die Pistole aus Leonardos Griff, nahm sie ihm weg wie eine Katze, die ihre Beute schnappt.

„Angela, was machst du da?“ Leonardo war fassungslos.

Angela umklammerte die Pistole. Sie zitterte. Was sie getan hatte, schockierte sie. Leonardo verdiente es zu sterben. Aber warum hatte sie eingegriffen?

Leonardo schrie bereits vor Frustration. „Gib mir diese Pistole zurück! Ich muss sterben! Gib sie zurück!“

„Nein!“ rief Angela, als sie Leonardos Zimmer verließ und sich gegen die Tür lehnte. Sie brach in Tränen aus.

„Angela, gib mir diese Pistole zurück!“ Leonardos Stimme hallte, „Ich will sterben!“

Frau Vera kam auf Angela zu, die weinend gegen die Tür lehnte. „Was ist passiert?“

Angela versteckte schnell die Pistole. „Ihr Sohn will sterben, Frau Vera.“

„Was?“ fragte Frau Vera, als sie das Zimmer betrat. „Leonardo, was machst du da? Sei nicht albern. Bitte verlass mich nicht. Was soll ich tun, wenn du stirbst?“ Frau Vera schluchzte.

Angela konnte nicht aufhören zu weinen. Sie hatte Mitleid mit Frau Vera. Und sie erinnerte sich an ihre Mutter. Sie wusste, wie sehr eine gute Mutter ihr Kind lieben würde.

„Hab Erbarmen mit mir, Leonardo. Begeh keinen Selbstmord.“

Angela taumelte aus Leonardos Zimmer, ihre Augen verschwommen vor Tränen. Sie stolperte zurück in ihr Zimmer und brach auf dem Bett zusammen. Sie vergrub ihr Gesicht im Kissen und erstickte ihre Schluchzer.

„Warum habe ich das getan?“ flüsterte sie zu sich selbst, ihre Stimme erstickt vor Emotionen. „Warum habe ich ihn aufgehalten?“ Sie fühlte sich wie ein Versager. Sie war hierher gekommen mit einer Mission – einen gefährlichen Verbrecher zur Strecke zu bringen. Und doch hatte sie in diesem Moment das Gegenteil getan. Sie hatte sein Leben gerettet.

Sie schlug mit den Fäusten auf das Bett, Wut und Frustration kochten in ihr hoch. „Was habe ich getan?“ rief sie, ihre Stimme hallte im leeren Raum wider. „Was bin ich geworden?“

Sie wusste tief im Inneren, dass das, was sie getan hatte, richtig war. Aber es fühlte sich nicht richtig an. Sie hatte sich selbst verraten, ihre Überzeugungen und alles, wofür sie gestanden hatte. Sie sollte eine unerschütterliche Rächerin sein, unerschütterlich im Angesicht des Feindes. Und doch war sie hier, ein Haufen Emotionen und Zweifel.

Sie atmete tief durch und wischte sich die Tränen mit dem Handrücken ab. Sie wusste, dass sie sich konzentrieren musste. Sie durfte ihre Emotionen nicht die Oberhand gewinnen lassen. Sie hatte eine Aufgabe zu erfüllen.

Aber als sie dort lag und zur Decke starrte, konnte sie das Gefühl nicht abschütteln, dass sich alles verändert hatte. Nichts würde jemals wieder so sein wie zuvor.

Als die Nacht dem Morgengrauen wich, erhob sich Angela von ihrem Bett und betrachtete ihr Spiegelbild. Sie fühlte eine Müdigkeit, die sich wie ein schwerer Schleier über ihre Schultern legte. Ihr sorgfältig ausgearbeiteter Plan hatte eine unerwartete Wendung genommen, und sie konnte das nagende Gefühl der Unruhe in ihrem Inneren nicht abschütteln.

Mit einem Seufzer zog sie ihre makellose weiße Uniform an, das Symbol ihres Berufs als Krankenschwester. Sie achtete besonders darauf, ihr Haar ordentlich zurückzustecken, in der Hoffnung, ein wenig Kontrolle über ihren Tag zurückzugewinnen.

Als sie ihr Zimmer verließ, bemerkte sie die unheimliche Stille, die das Haus umhüllte. Es war, als ob die Wände selbst den Atem anhielten und auf etwas warteten. Angela fröstelte, teils wegen der kalten Morgenluft, die durch ihre Haut drang, teils wegen des unheilvollen Gefühls der Isolation.

Bevor sie zu Leonardos Zimmer ging, beschloss sie, einen Spaziergang über den Rasen zu machen, um ihren Kopf freizubekommen. Als sie die frische Luft einatmete, verspürte sie einen flüchtigen Moment der Ruhe. Doch dann hörte sie Stimmen vom hinteren Teil des Hauses. Von Neugier getrieben, folgte sie dem Geräusch, bis sie Mrs. Gale und einen Mann, den sie nicht erkannte, erreichte.

Mrs. Gale bemerkte ihre Anwesenheit und begrüßte sie mit einem herzlichen Lächeln, aber Angela konnte ein Gefühl des Misstrauens nicht unterdrücken. Wer war dieser Mann, und warum war er so früh am Morgen hier?

Der Mann stellte sich als Anton, der neue Gärtner, vor, und Angela nickte höflich. Doch irgendetwas an seinem Verhalten machte sie unruhig, als ob er etwas hinter seiner freundlichen Fassade verbarg.

Während sie sich unterhielten, klingelte das Telefon schrill im Wohnzimmer und riss sie alle aus ihrem Gespräch. Angela zögerte einen Moment, unsicher, ob sie abheben sollte, entschied sich dann aber, nachzusehen.

Als sie auf das Wohnzimmer zuging, konnte sie das Gefühl nicht abschütteln, dass etwas nicht stimmte. Die Luft schien von unausgesprochener Spannung aufgeladen, und Angela machte sich auf das Schlimmste gefasst.

„Kannst du das Telefon abnehmen, Angela?“ fragte Mrs. Gale, ihre Stimme klang leicht angespannt.

Angela nickte, ein Gefühl der Besorgnis breitete sich in ihr aus. Sie nahm den Hörer ab und antwortete leise, bereit für das, was kommen mochte.

„Hallo?“ sagte Angela zögernd.

„Angela?“ fragte der Mann am anderen Ende der Leitung, seine Stimme kam ihr bekannt vor.

„Ja, ich bin es. Wer ist da bitte?“ Angela versuchte, ihren Ton neutral zu halten, aber ihr Herz klopfte heftig in ihrer Brust.

„Frederick“, antwortete der Mann, seine Stimme war leise und dringlich.

Angelas Gedanken rasten, sie versuchte, den Namen einzuordnen. Sie hatte ihn schon einmal gehört: „Ach ja, er war Leonardos bester Freund, oder?“

„Du weißt, dass wir Leonardos Gemälde haben, nicht wahr?“ sagte Frederick, seine Stimme klang vor Aufregung.

Angela spürte einen Schauer über ihren Rücken laufen. Sie wusste, wovon er sprach, konnte aber kaum glauben, dass er so dreist war, am Telefon darüber zu reden.

„Ja, das weiß jeder“, antwortete Angela und versuchte, ihren Ton ruhig zu halten.

„Ich habe noch eine Bitte an dich“, fuhr Frederick fort, seine Stimme senkte sich zu einem verschwörerischen Flüstern. „Könntest du bitte noch einmal in Leonardos Atelier zurückkehren und schauen, ob es noch etwas gibt, das er gemalt hat und das wir übersehen haben?“

Angelas Gedanken rasten. Sie wusste, dass sie sich nicht einmischen sollte, aber sie wusste auch, dass Frederick keine Ablehnung akzeptieren würde.

„In Ordnung“, antwortete Angela, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Sie legte den Hörer auf und fühlte, wie sich ein Gefühl des Unheils wie eine dunkle Wolke über ihr ausbreitete. Sie wusste, dass sie sich auf gefährliches Terrain begab, aber sie wusste nicht, wie sie dem entkommen sollte.

Als Angela das dunkle Atelier betrat, überkam sie ein Gefühl des Unbehagens. Sie tastete nach dem Lichtschalter, fand aber nichts außer der gleichen schmutzigen Stelle.

Die Dunkelheit schien sie von allen Seiten zu erdrücken, und für einen Moment dachte sie, jemanden hinter sich atmen zu hören. Sie drehte sich um, ihr Herz raste, aber da war niemand.

Sie schüttelte ihre Angst ab und durchsuchte schnell das Atelier, durchkämmte jeden Zentimeter des Raumes nach Anzeichen eines versteckten Gemäldes. Aber sie sah nichts Ungewöhnliches, also schloss sie die Tür und machte sich zurück auf den Weg zum Haupthaus.

Als sie das Wohnzimmer betrat, klingelte das Telefon erneut, sein durchdringender Ton zerschnitt die Stille. Sie zögerte einen Moment, unsicher, ob sie abheben sollte. Doch dann nahm sie den Hörer und sprach leise, und im Moment, als sie die Stimme hörte, wusste sie, dass er es wieder war.

„Ich sehe keine weiteren Gemälde im Atelier, Sir Frederick“, sagte Angela, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern.

Am anderen Ende der Leitung herrschte einen Moment lang Stille, dann sprach Frederick, seine Stimme war tief und gemessen.

„Ist das so? Okay, danke. Aber falls du noch ein weiteres Gemälde dort oder irgendwo im Haus findest, ruf mich bitte an. Danke nochmals.“

Dann war die Leitung tot, und Angela fühlte sich unruhiger denn je. Sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass etwas nicht stimmte, dass mehr vor sich ging, als sie sehen konnte.

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