




Kapitel 4
Sadie und Brenda brachten hastig die drei Kinder in den neuen Kindergarten. Sie brauchte dringend einen Job, um eine bessere Zukunft für ihre Kinder zu sichern. Sie wiederholte still für sich: „Dieses Mal muss es klappen.“
„Frau Roth, machen Sie sich keine Sorgen, das heutige Vorstellungsgespräch wird gut laufen“, beruhigte Brenda sie mit ermutigendem Blick.
„Danke, Brenda. Ich werde mein Bestes geben“, lächelte Sadie leicht, konnte aber ihre Nervosität nicht verbergen. In den letzten Tagen hatte Sadie fünfunddreißig Lebensläufe verschickt und siebzehn Vorstellungsgespräche geführt, nur um entweder sofort abgelehnt zu werden oder auf eine weitere Nachricht zu warten.
Sie hatte nur einen erfolgreichen Anruf erhalten, und das war für das heutige Vorstellungsgespräch bei der VIC Group.
Als Sadie das Gebäude betrat, mischten sich Vorfreude und Angst. Warum sollte ein großes Unternehmen wie die VIC Group an jemandem wie ihr interessiert sein? Besäße sie vielleicht irgendein außergewöhnliches Talent, von dem sie nichts wusste?
Ihre Aufregung verwandelte sich schnell in Bestürzung, als sie die Personalabteilung betrat und Samuel Brown dort mit einem spöttischen Grinsen sitzen sah.
„Lange nicht gesehen, Frau Roth!“ begrüßte Samuel sie, seine Augen musterten sie mit kaum verhohlener Verachtung. „Sie haben sich über die Jahre kein bisschen verändert. Immer noch so schön wie eh und je!“
„Samuel, mein Vater hat dich vor Jahren aus der Roth Group geworfen und dir verboten, jemals wieder einen Fuß nach Newark zu setzen. Wie kannst du es wagen, zurückzukommen?“ sagte Sadie eisig. Sie erinnerte sich gut an ihn. Samuel war einst der Vizepräsident der Roth Group, aber nachdem er ihr gegenüber unangemessene Annäherungsversuche gemacht hatte, hatte Edmond ihn rausgeworfen. Sie hätte nie erwartet, ihn vier Jahre später hier wiederzusehen.
„Die Roth-Familie ist längst gefallen. Glaubst du immer noch, du bist die Prinzessin der Roth-Familie?“ höhnte Samuel und lehnte sich mit einem selbstgefälligen Lächeln in seinem Stuhl zurück. „Du bist jetzt nichts mehr. Selbst dieser Job ist ein Almosen von mir!“
Ein Schwall von Wut stieg in Sadie auf. Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und ging. Sie würde seine abscheulichen Bemerkungen nicht mit einer Antwort würdigen.
„Sadie, das ist deine letzte Chance. Wenn du durch diese Tür gehst, garantiere ich dir, dass du in Newark keinen Job mehr finden wirst, es sei denn, du willst als Prostituierte arbeiten!“ warnte Samuel.
Seine Worte trafen sie wie eine Ohrfeige. Tränen stiegen ihr in die Augen, aber sie blinzelte sie weg. Sie würde niemals ihre Würde verkaufen. Mit erhobenem Kopf verließ sie die Personalabteilung, ihre Entschlossenheit nur noch gestärkt.
Gerade als sie den Eingang des Gebäudes erreichte, hörte sie einen Tumult. Eine Menschenmenge hatte sich am Straßenrand versammelt, offenbar wegen eines Vorfalls. Neugierig näherte sie sich und sah einen Mann, der sich darauf vorbereitete, sich selbst anzuzünden.
Der mittelalte Mann war mit Benzin übergossen, hielt ein Feuerzeug in der Hand, sein Ausdruck war sowohl wahnsinnig als auch verzweifelt. Seine Stimme hallte durch die Luft: „Ich will Micah sehen! Er muss für den Tod meines Vaters geradestehen!“
Die Menschen um ihn herum wichen zurück, während die Leibwächter versuchten, ihn zu beruhigen: „Bleiben Sie ruhig! Wir können das besprechen. Sie müssen das nicht tun.“
Doch die Emotionen des Mannes wurden nur intensiver, seine Augen brannten vor Hass. Er rief: „Ruhig? Er hat mich über Nacht wegen eines kleinen Vergehens ruiniert. Wie kann ich ruhig bleiben?“
Sadies Herz zog sich zusammen, und Edmonds Selbstmord blitzte plötzlich vor ihrem inneren Auge auf. War der Tod ihres Vaters wirklich ein Selbstmord, oder wurde er dazu gezwungen?
In diesem Moment fuhr ein elegantes Auto vor, und die Menge verstummte sofort. Sadie streckte sich, um einen Blick auf den Mann im Auto zu erhaschen. Sie erkannte Micah – eine dunkle, imposante Gestalt mit einem Ausdruck so kalt wie Eis.
Micahs Blick bohrte sich in den wahnsinnigen Mann. Er sagte nichts, sondern gab seinem Fahrer mit einer leichten Handbewegung ein Zeichen. Der Fahrer reagierte sofort, startete das Auto und fuhr direkt auf den Mann zu.
Der Mann war von diesem Anblick schockiert, sein Gesicht eine Mischung aus Verzweiflung und Wut, das Feuerzeug in seiner Hand rutschte fast. Als er sein bevorstehendes Schicksal erkannte, flackerte ein Hauch von Angst in seinen Augen.
Die Menge keuchte, alle waren wie erstarrt. Sadies Herz pochte, unfähig, die Grausamkeit, die sich vor ihren Augen abspielte, zu begreifen.
„Nein!“ rief Sadie, ihre Stimme durchbrach die Spannung. Ohne nachzudenken, stürzte sie vor, packte den Arm des Mannes und versuchte, ihn wegzuziehen. „Geh aus dem Weg!“
„Was machst du da?“ riefen die Leibwächter und versuchten, sie zu packen.
Sadie ignorierte sie, ihr Geist konzentrierte sich nur auf einen Gedanken: Sie konnte nicht zulassen, dass jemand so starb, egal was er getan hatte. Edmond war bereits wegen eines dunklen Schattens gegangen, und sie wollte nicht sehen, dass noch jemand von Verzweiflung verschlungen wurde.
Micah schaute aus dem Auto, sein tiefer Blick fiel auf Sadies Gesicht, ein komplexes Gefühl blitzte in seinen Augen auf.