




Kapitel 2
Der Raum schien den Atem anzuhalten.
„Ja, Mr. Kane“, bestätigte Mr. Edward mit ernster Stimme. „Das ist genau das, was im Testament steht.“
Die Worte hingen schwer in der Luft, jede Silbe verstärkte die Stille, die folgte. Großmutter Helens Schluchzen durchbrach die Stille, ihre zitternden, schwachen Hände klammerten sich an den Tisch, um Halt zu finden. „Alexander, bitte. Du musst das tun. Das Erbe deines Großvaters… es darf nicht einfach so verschwinden.“
Alexanders Kiefer spannte sich an, seine Zähne mahlten aufeinander. Die erdrückende Last der Pflicht drückte auf seine Brust, aber seine Frustration brannte heißer. „Ich verstehe, Oma. Aber Heirat? Ein Kind? In dieser Zeitspanne?“
„Denk an das, was dein Großvater aufgebaut hat, Alexander.“ Großmutter Helens Stimme brach, aber ihr Blick blieb fest. „Es geht nicht nur um Geld – es war sein Lebenswerk, sein Traum. Es ist das Fundament unserer Familie. Du schuldest es ihm… uns allen.“
Alexander wandte sich ab und fuhr sich mit der Hand durch sein dunkles Haar. Die Größe der Situation lastete schwer auf ihm, aber er weigerte sich, darunter zusammenzubrechen. Nach einer langen Pause murmelte er: „Ich brauche Zeit zum Nachdenken.“
Mr. Edwards räusperte sich, seine Stimme war gemessen. „Sie haben nicht viel Zeit, Mr. Kane. Die Uhr läuft bereits.“
Alexander atmete scharf aus. „Dann lass sie laufen. Lass das Erbe gehen. Spende es den Waisen. Als ob es mich interessieren würde.“
Großmutter Helen schnappte nach Luft, ihr Gesicht war vor Schock blass. „Alexander! Das kannst du nicht ernst meinen. Das ist das Erbe deines Großvaters. Sein Leben.“
„Ich weiß, Oma“, antwortete er kühl, seine Stimme nun schärfer. „Aber ich werde mich nicht in ein Leben zwingen lassen, das ich nicht will. Nicht für Geld, nicht für ein Erbe… für nichts.“
Ihr Schluchzen vertiefte sich, aber Alexander zögerte nicht. Er drehte sich weg, seine Stimme wurde leiser. „Ich werde darüber nachdenken. Aber zu meinen Bedingungen – nicht seinen, nicht deinen.“
Großmutter Helens Tränen liefen ihr über die Wangen, als sie flüsterte: „Lass es nicht alles umsonst gewesen sein, Alexander. Lass seinen Geist nicht einfach so verschwinden. Bitte.“
Alexanders Entschlossenheit flackerte kurz, als er die Verzweiflung in ihrer Stimme hörte. Aber das Feuer vergangener Verrätereien brannte in ihm, verhärtete sein Herz. „Ich werde es herausfinden“, sagte er flach, dann verließ er den Raum ohne ein weiteres Wort.
An diesem Abend saß Alexander allein in seinem weitläufigen Arbeitszimmer, ein Glas Whiskey in der Hand. Das Feuer im Kamin flackerte und warf lange Schatten, die das Chaos in seinem Kopf widerspiegelten.
Er starrte auf die bernsteinfarbene Flüssigkeit, seine Gedanken kehrten zu den Geistern seiner Vergangenheit zurück – den Menschen, die ihn geformt hatten, zum Besseren oder Schlechteren. An erster Stelle stand Ariana.
Ariana. Der Name schmeckte bitter auf seiner Zunge. Sie war seine erste große Liebe gewesen, ein feuriger Wirbelwind, der in seinen Collegejahren in sein Leben getreten war. Sie war brillant, ehrgeizig und charmant – eine Frau, die ihm in jeder Hinsicht ebenbürtig schien. Mit Ariana hatte er gewagt, von einer Zukunft zu träumen, einer, die voller Liebe, einem Zuhause und sogar der Möglichkeit von Kindern war.
Aber gerade als er begonnen hatte, ihr gemeinsames Leben zu planen, fiel alles auseinander. In der Nacht ihres Jubiläums hatte Alexander alles getan, um sie zu überraschen. Er hatte einen Multi-Millionen-Dollar-Deal in der Schwebe gelassen, um mit Blumen in ihr Büro zu kommen und sie zum exklusivsten Dachrestaurant der Stadt zu bringen. Es hatte an diesem Abend geregnet, und er war durchnässt, aber strahlend vor Freude angekommen, gespannt darauf, ihr Gesicht zu sehen, wenn er seine Pläne enthüllte.
Stattdessen fand er sie in den Armen eines anderen Mannes.
Die Erinnerung war lebendig – wie der Regen die Ränder der Szene verschwimmen ließ, aber nicht den Verrat, der sich in ihr Gesicht eingegraben hatte. Ariana hatte es nicht einmal versucht zu leugnen. Ihre Erklärung war kalt und schneidend gewesen: „Ich brauchte mehr, Alex. Du bist gut für Macht und Status, aber Liebe? Das bist du nicht.“
Die Worte hatten ihn zerstört. Aber noch schlimmer war das, was später kam – als er erfuhr, dass sie die Geschäftsstrategien ihrer Firma preisgegeben hatte, was beinahe zur Insolvenz des Unternehmens geführt hätte.
In diesem Moment schwor Alexander, sich nie wieder verletzlich zu zeigen. Liebe war eine Schwäche, und er weigerte sich, ein zweites Mal zum Narren gemacht zu werden.
Doch trotz seines Entschlusses hatte das Leben eine grausame Art, sich zu wiederholen. Jahre später hatte er der Liebe eine weitere Chance gegeben, in der Hoffnung, dass vielleicht jemand das reparieren könnte, was Ariana zerbrochen hatte. Aber die Geschichte wiederholte sich, und der Verrat schnitt noch tiefer.
Diesmal war es Elena gewesen, eine elegante und kultivierte Frau, die anders zu sein schien als Ariana. Sie war alles, was er dachte, dass er brauchte: unterstützend, verständnisvoll und scheinbar aufrichtig. Eine Zeit lang glaubte Alexander, er könne etwas Echtes mit ihr aufbauen. Er hatte seine Schutzmauern fallen lassen und sich erlaubt zu hoffen.
Dann, eines Tages, offenbarte Elena, dass sie schwanger war. Doch gerade als sein Herz es wagte, Freude zu empfinden, brach die Wahrheit über ihn herein – das Kind war nicht seins.
Elena hatte die ganze Zeit einen anderen Mann gesehen und Alexander als praktischen Schild für ihre Affäre benutzt. Der Schmerz dieses Verrats hatte Alexanders Überzeugung gefestigt: Liebe war eine grausame Illusion.
Jetzt, als er in seinem Arbeitszimmer saß, fühlte sich die Idee von Ehe und einem Kind wie ein kranker Witz an. Konnte er wirklich jemals wieder jemandem vertrauen? War es überhaupt möglich, jemanden zu finden, der ihn nicht nur als Sprungbrett sah?
Die Tür knarrte und unterbrach seine Gedanken. James, sein stets loyaler Assistent, trat vorsichtig ein, sein Gesicht eine Mischung aus Zögern und Entschlossenheit.
„Sir, wenn ich darf… Ich habe eine Idee“, begann James, seine Stimme fest, aber unsicher über Alexanders Stimmung.
Alexander blickte auf, das Flackern des Feuers spiegelte sich in seinen kalten Augen. „Sprich.“
James holte tief Luft. „Was wäre, wenn… anstatt eine traditionelle Ehe zu verfolgen, Sie eine Zweckehe arrangieren? Jemanden, der die Bedingungen versteht – keine Emotionen, keine Illusionen. Nur ein Vertrag, um den Willen Ihres Großvaters zu erfüllen.“
Alexanders Augenbraue hob sich, die Idee intrigierte ihn. „Du schlägst vor, ich kaufe mir eine Ehefrau? Nur eine Namenspartnerin?“
„Genau“, antwortete James, ermutigt durch Alexanders Interesse. „Es muss nicht romantisch sein. Es ist nur eine Vereinbarung. Auf diese Weise können Sie die Bedingungen des Testaments erfüllen, ohne persönliche Verwicklungen zu riskieren.“
Alexander lehnte sich in seinem Stuhl zurück, ein kaltes Lächeln spielte um seine Lippen. „Eine Zweckehe“, murmelte er, die Idee nahm Gestalt in seinem Kopf an. Es war sauber, pragmatisch und – am wichtigsten – sicher.
Er stand abrupt auf, überragte James, während sein Schatten durch den Raum fiel. „Gut. Du hast 48 Stunden, um eine geeignete Kandidatin zu finden. Jemanden, der den Deal versteht. Wenn du versagst…“ Er ließ die Drohung in der Luft hängen, sein Blick durchbohrte James.
James schluckte schwer, nickte aber. „Verstanden, Sir.“
Als James den Raum verließ, wandte sich Alexander wieder dem Feuer zu, die Flammen spiegelten den scharfen Rand seines Entschlusses wider.
Eine Zweckehe.
Es war ein kalkulierter Schritt, frei von Emotionen.
Und doch, als das Feuerlicht über sein Gesicht flackerte, konnte Alexander den Gedanken nicht abschütteln: Könnte selbst eine Vertragsehe ihn wirklich vor dem Schmerz des Verrats schützen?
Die Vergangenheit hatte ihm eine Lektion gelehrt – der falschen Person zu vertrauen, konnte ihn alles kosten.
Dieses Mal durfte es keine Fehler geben.
Und wenn doch... wären die Konsequenzen unvorstellbar.