




Kapitel 7: Schatten jagen
Mein Herz rast, während ich durch die schattigen Gänge des Schlosses hetze. Schritte hallen von den Steinwänden wider, ein unheimlicher Rhythmus, der mit dem fernen Echo der Stimme meiner Mutter übereinstimmt, die nach mir ruft. Die Luft trägt den Duft von Kaminfeuern und Kiefern, vermischt mit etwas anderem – etwas Metallischem, Unheimlichem. Es ist vertraut, beunruhigend; ein Schauer läuft mir über den Rücken.
Gemälde blutiger Schlachten säumen die alten Steinwände, ihre dunklen und bedrohlichen Szenen verstärken mein Unbehagen. Vorfahren mit strengen Gesichtern beobachten jede meiner Bewegungen, während Landschaften von trostlosen Mooren und nebelverhangenen Bergen sich in einen dunklen und trüben Abgrund erstrecken. Rote Samtbordüren verleihen dem Inneren des Schlosses einen Hauch verblassten Glanzes.
Buntglasfenster lassen helle weiße Sternenstrahlen durch die Dunkelheit dringen und werfen ein Kaleidoskop aus farbigen Lichtflecken auf den Steinboden. Jeder Schritt beschleunigt meinen Herzschlag.
Verzweiflung treibt mich bei jedem Schritt an. „Unterstes Stockwerk“, murmele ich vor mich hin, obwohl die Worte sich zusammenhanglos anfühlen. „Erdgeschoss, Vordertür. Und dann? Was ist mein Plan?“ Zweifel und Angst beiseiteschiebend, bewege ich mich weiter.
Wie konnte Mama das mir, uns, sich selbst antun? denke ich, während meine Beine so schnell rennen wie meine Gedanken. Einen Monster heiraten, sich selbst einreden, er sei keiner – ihr rumänischer Märchenprinz. Sie ist gefangen, und ich kann sie nicht daraus befreien. Jedenfalls nicht allein. Meine einzige Hoffnung ist, aus diesem unheimlichen alten Schloss zu entkommen, herauszufinden, wo ich bin, und die Behörden einzuschalten. Polizei, Regierung – wer auch immer. Selbst wenn es schwer ist, ihnen von buchstäblichen VAMPIREN zu erzählen, werde ich es versuchen.
Ich sprinte durch endlose Gänge, entschlossen, nicht zu stolpern.
Als meine Beine zu schmerzen beginnen und mein Atem keuchend wird, spüre ich eine Präsenz hinter mir. Ein Flackern am Rand meines Blickfelds, ein Schatten, der an den Wänden tanzt. Er kriecht über die Decke, dann schießt er durch die Luft wie ein pfeilschneller Fisch, immer gerade außer Sichtweite. Ich drehe mich um, um ihn zu erhaschen, aber er ist zu schnell.
Das Gefühl, beobachtet zu werden, verfolgt von einer unsichtbaren Kraft, jagt mir Schauer über den Rücken.
Endlich finde ich ein Treppenhaus und eine Wendeltreppe, die nach unten führt. Ich renne so schnell ich kann, stolpere fast, während ich mich beeile.
Das ist gut, denke ich mir. Ich muss nur weiter nach unten gehen, und ich werde schließlich den Ausgang finden.
Aber kaum habe ich das gedacht, führen die Treppen zu einem weiteren langen, ebenen Korridor, dieser beleuchtet von seltsamen blauflammigen Wandfackeln und Kerzen. Hier gibt es noch mehr Gemälde, die jeden Zentimeter der hohen Steinwände bedecken.
Ich renne weiter und biege um eine Ecke, meine Augen suchen nach einem Fluchtweg. Die Gemälde scheinen jede meiner Bewegungen zu beobachten, ihre Blicke voller Urteil. Doch es ist das letzte Gemälde, am Ende des Korridors, das mich in meinen Spuren stoppen lässt.
Das Gemälde zeigt einen mondbeschienenen Wald, dessen knorrige Bäume und nebelverhangene Hügel eine unheimliche Energie ausstrahlen. Schatten scheinen sich im Gemälde zu bewegen, sich im Mondlicht zu verändern. Unter einem Baum steht eine weibliche Gestalt, ihr langes goldenes Haar leuchtet silbern im Mondlicht, und sie trägt ein fließendes rotes Kleid, so hell wie Blut. Ihr Gesicht ist von ihren Händen verdeckt – weint sie?
Ich kämpfe darum, meinen Blick von der seltsamen Szene abzuwenden, gefangen in einem Moment, der wie ein Gefängnis aus Ölfarbe und Träumen wirkt.
Was ist es an diesem Gemälde? frage ich mich und strecke einen zitternden Finger aus, um die Pinselstriche zu berühren.
In diesem Moment sehe ich den seltsamen schwarzen Schatten, der mich verfolgt, am anderen Ende des Ganges um die Ecke biegen, immer noch auf der Jagd.
Was zum Teufel mache ich hier, stehe herum und starre ein Gemälde an? schimpfe ich mit mir selbst. Mein Herz rast, als ich meinen Blick losreiße, ein wachsendes Gefühl der Angst drängt mich weiter.
Die Präsenz, die mich verfolgt, kommt näher, und ich drehe mich scharf um, bereit zu fliehen, als eine dunkle Gestalt vor mir auftaucht. Ein Schatten, der sich mit unnatürlicher Anmut durch die Luft bewegt. Mein Atem stockt, als ich ihn näherkommen sehe, meine Augen auf die rätselhafte Form fixiert.
Doch als der Schatten näher kommt, durchläuft er eine erstaunliche Verwandlung. Die Dunkelheit scheint sich zu verdichten, sich wie Rauch zu winden und zu formen, bis sie eine kleine Gestalt annimmt. Und dann, vor meinen Augen, wird die Gestalt zu etwas völlig anderem.
Mein Schock weicht Ehrfurcht, als die Dunkelheit sich in die Form eines wunderschönen kleinen Mädchens von etwa sechs oder sieben Jahren verwandelt. Ihre Haut ist so blass wie Schnee, und ihr pechschwarzes Haar fällt ihr in einem Zopf, der mit winzigen Saatperlen durchzogen ist, den Rücken hinunter, die in ihrem dunklen Haar wie Sterne am Nachthimmel funkeln. Sie trägt ein altmodisches weißes Spitzenkleid, das zu schimmern scheint, und ihre Züge sind exquisit zart. Sie ist so perfekt wie eine kleine Porzellanpuppe.
Dunkle Augen, wie Obsidianpools, blicken mich mit einer anderen Welt Tiefe an, die meinen Blick gefangen hält. Eine Stille liegt in der Luft, nur unterbrochen von meinen flachen Atemzügen.
„Wer bist du?“ bringe ich schließlich flüsternd heraus, meine Stimme von einer Mischung aus Angst und Faszination durchdrungen.
Ein kleines Lächeln umspielt die Lippen des Mädchens, als sie antwortet, ihre Stimme wie eine gespenstische Melodie. „Ich bin Seraphina“, sagt sie, ihre Worte tragen eine bezaubernde Melodie.
Mein Herz rast, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, vor dieser unheimlichen Begegnung zu fliehen, und dem unerklärlichen Sog des Unbekannten. Ich will fliehen, aber etwas hält mich wie ein unsichtbarer Faden an Ort und Stelle.
Mit jedem Schritt, den sie näher kommt, fühle ich eine Mischung aus Beklommenheit und Neugier. „Du bist verloren, Arianna“, sagt sie, als ob sie mich besser kennt als ich mich selbst. „Aber ich kann dich führen.“
„Führen… wohin?“ frage ich, die Antwort fürchtend.
„Zu deinem Grab“, sagt sie süß.
Und damit entblößt sie ihre rasiermesserscharfen, glitzernden weißen Zähne und springt auf meinen Hals zu.