




Kapitel 6 Davids Telefonanruf
"Abigail, sag das noch einmal und sieh, was passiert! Habe ich dich all die Jahre großgezogen, nur damit du mit mir streitest? Wie kann ich eine Tochter haben, die so mit mir spricht?" David explodierte vor Wut und konnte kaum glauben, dass Abigail tatsächlich diese Worte gesagt hatte.
Abigail nahm das Telefon vom Ohr, ihr Gesichtsausdruck war leer, und rieb sich das Ohr. "Wenn du es so dringend hören willst, warum nimmst du es nicht einfach auf und spielst es dir jede Nacht vor dem Schlafengehen ab?" konterte sie.
Doch wenn es darum ging, andere zu tadeln, selbst ihren eigenen Vater, zeigte sie keine Hemmungen. Früher hätten Davids Wutausbrüche sie tief verletzt, aber nach Michelles tragischem Tod hatte sie eine tiefgreifende Erkenntnis gewonnen.
Abigail verstand nun die Wichtigkeit, nicht an Dingen festzuhalten, die nie für sie bestimmt waren, da dies nur zu Schmerz führte. Als sie von Romans Verrat erfuhr, fühlte sie sich daher nicht so niedergeschlagen wie erwartet; stattdessen verspürte sie eine Art Erleichterung. Schließlich waren sie noch nicht verheiratet, was eine Chance bot, die Dinge zu bereinigen.
Davids wütende Schreie drangen weiterhin durch den Hörer. "Ich hab's verstanden," sagte Abigail ungeduldig und legte dann auf. Sie musste wirklich zurückgehen und mit Jessica darüber sprechen. Es war noch nicht vorbei.
Sie wischte sich elegant die Mundwinkel ab, stand auf und traf auf Ralphs verwirrten Blick. Abigail räusperte sich, lächelte und nickte Ralph zu, bevor sie schnell die Treppe hinaufging. Sie hatte keine Angst, missverstanden zu werden; es war nur ein wenig unangenehm.
Obwohl ihre Ehe mit Gregory eine Farce war, wusste sie nach über zwanzig Jahren in der High Society, dass wohlhabende Familien großen Wert auf ihren Ruf legten. Da sie Gregory benutzte, um sich an Roman und Jessica zu rächen, musste sie überzeugend die Rolle von Gregorys Frau spielen.
Ralph beobachtete ihre sich zurückziehende Gestalt, gemischte Gefühle erfüllten sein Herz. Er hätte nie erwartet, dass dieses sanfte und mildtätige Mädchen so willensstark sein könnte. Doch als er an die Gerüchte über die Familie Martin dachte, konnte Ralph nicht anders, als Mitleid mit Abigail zu empfinden.
David war früher ein armer Mann ohne etwas, aber er heiratete Abigails Mutter, Michelle, und mit ihrer Hilfe gründete er eine Firma. Michelle war eine geschäftstüchtige Frau, und innerhalb weniger Jahre lief das Unternehmen sehr gut.
Die Marke DM expandierte von Kleidung zu Finanzen, Immobilien und anderen Branchen und trat sogar in internationale Märkte ein. Während der Blütezeit des Unternehmens schaffte es die Familie Martin in die oberen Ränge der High Society.
Leider erkrankte Michelle an Krebs und litt unter Davids Verrat, was ihrer Gesundheit zusetzte. Sie hatte keine Zeit oder Energie mehr, das Unternehmen zu führen. David nutzte die Situation aus, drängte sich in die Firma und setzte seine Leute ein, in der Hoffnung, sie zu übernehmen.