




Kapitel 1 Betrug
"Roman, wen liebst du mehr, mich oder Abigail?"
"Natürlich dich, Liebling. Haben meine Taten das nicht schon genug bewiesen?"
"Aber ich will es von dir hören."
"Liebling, du bist die Frau, die ich am meisten liebe. Entspann dich, du bist viel zu nervös."
Das unterdrückte schwere Atmen des Mannes, vermischt mit den verführerischen Stöhnen der Frau, hallte schnell durch die Hotelsuite.
Abigail Martin stand vor der leicht geöffneten Tür, ihr Blut gefror fast in ihren Adern, als die eisige Kälte unkontrollierbare Zuckungen durch ihren Körper jagte.
Vor einer Stunde hatte ihr jemand ein Video geschickt.
In dem Video war zu sehen, wie Abigails Verlobter, Roman White, ihre Halbschwester Jessica Martin leidenschaftlich im Flur dieses Hotels küsste.
Zuerst dachte sie, es sei nur ein Scherz, aber sie hätte nicht erwartet, dass die beiden schon seit einiger Zeit zusammen waren.
Sie holte tief Luft, versuchte ihre Wut zu kontrollieren, und zog ihr Handy aus der Tasche, während sie lautlos die Tür aufstieß.
Die beiden auf dem Bett waren noch in ihrem aufregenden Vergnügen vertieft. Plötzlich hörten sie eine kalte Stimme. "Was für eine großartige Vorstellung. Soll ich euch applaudieren?"
Sie bewegten sich nicht, alle Blicke richteten sich auf die Tür.
"Ah!" Jessica schrie auf, panisch zog sie sich in Romans Arme zurück. "Abigail? Was machst du hier?"
Roman bedeckte seinen Körper mit einer Decke, verärgert. "Wer hat dich hereingelassen?"
Abigail verschränkte die Arme und sah ihn sarkastisch an. "Wenn ich nicht gekommen wäre, hätte ich diese aufregende Szene nicht sehen können."
"Abigail, Roman und ich lieben uns wirklich; bitte versteh das und lass uns zusammen sein!"
Jessicas Augen wurden rot, Tränen stiegen auf, sie sah unschuldig und mitleiderregend aus.
Roman fühlte sich elend, schützte sie fest in seinen Armen. Mit tiefer Stimme sagte er: "Abigail, du kannst wütend auf mich sein, aber Jessica ist unschuldig!"
Abigail schnaubte verächtlich. "Unschuldig? Ihr seid schamlos."
"Genug! Die Person, die ich immer geliebt habe, war Jessica. Wenn du das weißt, solltest du unsere Verlobung mit Oma auflösen!"
Er liebte Jessica, eine sanfte und bezaubernde Frau wie sie.
Aber Abigail war langweilig und konservativ. Sie ließ ihn nicht einmal berühren. Sie war unglaublich langweilig!
Mit Abigail konnte er kein Glück empfinden!
Abigail verengte die Augen, ihr Blick war eiskalt. "Du hast betrogen. Hör auf, Ausreden zu suchen. Ich frage mich, ob andere dich für unschuldig halten würden, wenn ich das Video eurer Affäre veröffentliche?"
Romans und Jessicas Gesichter wurden blass, sie schrien: "Abigail, du löscht das Video besser!"
"Und was, wenn ich nicht einverstanden bin?"
Abigail trat zwei Schritte zurück, hob provokativ ihr Kinn in ihre Richtung.
"Roman, wenn du mich nicht magst, kannst du unsere Verlobung offen lösen. Ich muss dich nicht heiraten. So wie du jetzt bist, ekelst du mich wirklich an."
Wenn Roman die Verlobung offen lösen würde, vielleicht würde sie denken, dass er Mut hat.
Leider...
"Abigail, bleib stehen!"
Als Abigail wegging, brannte Romans Wut, und er wollte ihr unbewusst nachlaufen.
Aber Jessica hielt ihn fest an der Taille, weinte verzweifelt.
"Roman, was sollen wir tun? Abigail muss wütend auf mich sein. Ich hätte dich von Anfang an nicht mögen sollen. Dann hätte ich Abigail nicht verletzt."
Als er das hörte, füllte sich Romans Herz mit Schuld und Mitleid, unfähig, sich darauf zu konzentrieren, Abigail zu finden.
Er küsste Jessicas Stirn und tröstete sie mit leiser Stimme: "Jessica, du bist einfach zu gutmütig. Wenn sie sich nicht eingemischt hätte, wären wir vielleicht schon lange zusammen!"
"Roman, du bist so gut zu mir."
Jessica starrte in die Richtung, in die Abigail verschwunden war, mit einem siegreichen Lächeln auf ihrem Gesicht.
Abigail konnte nicht mit ihr konkurrieren! Es würde nicht lange dauern, bis Jessica in die White-Familie einheiratete!
Als Abigail das Hotel verließ, regnete es draußen bereits in Strömen.
Endlose Dunkelheit verschlang die Stadt, nur Blitze und schwache Straßenlaternen waren im heftigen Regen zu sehen.
Abigail stand im Regen, völlig durchnässt.
Bilder von Roman und Jessica, die sich liebten, hallten in ihrem Kopf wider und machten es ihr unmöglich, ihre Übelkeit zu kontrollieren.
Sie hatte den ganzen Tag nichts gegessen, und ihr Magen schmerzte.
Sie zwang sich, zur Straße zu gehen, und konnte es nicht länger aushalten, langsam in die Hocke zu gehen.
Der kalte Regen prasselte auf ihre glatte Haut. Die Kälte ließ sie unkontrolliert zittern.
Sie fühlte sich ein wenig schwindelig, unfähig zu unterscheiden, ob dies Realität oder ein Traum war.
Nach einer unbestimmten Zeit hörte der Regen, der auf ihren Körper prasselte, allmählich auf.
Abigail öffnete langsam die Augen und sah einen Schatten vor sich.
Sie war ein wenig verwirrt und hob allmählich ihren Blick.
Das Erste, was sie sah, war eine gut geschnittene Hose, die gerade Beine umhüllte.
Dann sah sie ein attraktives Gesicht.
Dieser Mann runzelte leicht die Stirn, sagte kein Wort.
Seine schwarzen Augen sahen sie an, als wollten sie sich in die Dunkelheit der Nacht einfügen.
Abigail starrte ihn verblüfft an, ein wenig überrascht. "Herr White? Warum sind Sie hier?"
Der Mann vor ihr war Gregory White, das Oberhaupt des größten Geschäftskonglomerats von Aramore, der White-Familie.
Er war auch ihr Ex-Verlobter, Romans Onkel.
Gregory war der Sohn von George White und besaß außergewöhnliches Geschäftstalent. Nur wenige Jahre nach der Übernahme der White Group vervielfachte sich deren Marktwert.
Gregorys einschüchterndste Eigenschaften sind seine Herangehensweise an Dinge und seine entschlossene Persönlichkeit. Er war jedoch immer geheimnisvoll und zurückhaltend, und sie hatten selten miteinander zu tun. Abigail hatte ihn nur ein paar Mal bei Familientreffen der Whites gesehen, und sie hatten kaum miteinander gesprochen. Gregory strahlte eine gefährliche Aura aus, daher mied Abigail ihn normalerweise. Sie hätte nie gedacht, dass sie ihm heute begegnen würde, besonders in einem solchen chaotischen Zustand.
"Was könnte so wichtig sein, dass du dich nicht um dich selbst kümmerst?" Gregory hob leicht eine Augenbraue. Seine tiefe und reiche Stimme war verführerisch, fast wie ein elektrischer Strom, der die Menschen anzog. In seinen Worten lag auch ein Hauch von versteckter Besorgnis.
Abigail kam wieder zu sich und versuchte schnell aufzustehen, aber ihre Beine waren vom langen Hocken auf dem Boden taub. Ihr Körper schwankte plötzlich unkontrolliert, und sie begann nach hinten zu fallen, in dem Glauben, dass sie in einer peinlichen Lage enden würde. Doch ein Paar warme und starke Hände fing plötzlich ihre Taille auf. Im nächsten Moment fiel sie in eine warme und breite Brust.
Ängstlich klammerte sie sich an sein Hemd, aus Angst, dass sie alleine fallen könnte. In diesem Moment erklang Gregorys tiefe Stimme mit einem neckenden Ton in ihrem Ohr: "Nutzt du mich etwa aus?"